Vorurteile und getrennte Stadtviertel: Die palästinensische Gesellschaft ist gespalten. Einwohner der Flüchtlingslager und der umliegenden Städte begegnen sich im Alltag selten. Oday Abu Karsh bringt sie mit seiner Organisation „REFORM“ an einen Tisch und arbeitet für einen stärkeren sozialen Zusammenhalt. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt ihn die GIZ dabei, die soziale Teilhabe der palästinensischen Flüchtlinge zu stärken.
Durch unsere Workshops schaffen wir Orte und Anlässe, die vor allem junge Menschen aus den Flüchtlingsvierteln mit den anderen Bewohnern der Städte zusammenbringen. Dazu laden wir auch Bürgermeister und andere Amtsträger ein, um die politische Teilhabe zu stärken.
Ich komme aus der Nähe von Hebron und musste wegen einer israelischen Militäranweisung die meiste Zeit meiner Kindheit in einem Zelt leben. Meine Brüder waren alle im Gefängnis. So sah für mich damals die Zukunft auch aus. Daher bin ich stolz auf meine persönliche Entwicklung von einem von Gewalt geprägten Jugendlichen zu einem Familienvater und Mann, der sich für eine inklusivere palästinensische Gesellschaft einsetzt.
Heute setze ich mich friedlich und konstruktiv für einen stärkeren Zusammenhalt in meiner Gesellschaft ein. Gemeinsam mit der GIZ habe ich innerhalb von zwei Jahren ein Netzwerk von mehr als 600 jungen Freiwilligen aufgebaut. Bei regelmäßigen Treffen arbeiten wir an Lösungen, die der zunehmenden Ausgrenzung auf allen Ebenen der palästinensischen Gesellschaft entgegenwirken.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten sind soziale Unterschiede größer geworden. Viele Palästinenser, die vor über 60 Jahren geflohen sind, leben noch in Flüchtlingslagern. Es ist eine Parallelgesellschaft entstanden: Sie können nicht an Kommunalwahlen teilnehmen; sie nutzen andere Krankenhäuser und Schulen, die von den Vereinten Nationen betrieben werden und oft nicht den gleichen Standard haben; in den Flüchtlingslagern fallen Strom- und Wasserversorgung oft wochenlang aus.
Mit meinen Mitarbeitern arbeite ich am Abbau von Vorurteilen und für eine stärkere Teilhabe palästinensischer Flüchtlinge. Wir haben 40 junge Menschen aus den Flüchtlingslagern ausgebildet, die jetzt mit gemischten Jugendgruppen arbeiten. Sie engagieren sich in ihrer jeweiligen Nachbarschaft und im Flüchtlingslager, indem sie zum Beispiel Hausbesuche oder Diskussionen organisieren.